Durch den unerwartet kurzen Aufenthalt auf der Coromandel-Halbinsel blieb uns noch eine knappe Woche, um das Northland zu erkunden, der Region nördlich von Auckland. Ursprünglich wollten wir ja nur bis Auckland fahren und uns den Abstecher an die Nordspitze sparen, aber im Nachhinein bescherte uns diese Gegend mit die schönsten Strände, die wir in Neuseeland gesehen haben. Touristisch gesehen wird es hier deutlich ruhiger, es gibt jedoch zwei Ausnahmen: Die Bay of Islands und das Cape Reinga ganz im Norden. Wie so oft wirkt die Bezeichnung „der [nördlichste / südlichste / westlichste / östlichste] Punkt von […]“ eine ungeheure Anziehungskraft auf Reisende aus und nicht wenige fahren die knapp 450km von Auckland aus, nur um am Leuchtturm des Cape Reinga ein Selfie zu machen, und fahren die Strecke ohne nennenswerte Zwischenstopps wieder zurück. Genau das wollten wir uns und den Mädels jedoch ersparen und lieber das Northland erkunden, ohne zwingend bis ganz nach oben zu fahren.
Als erstes Ziel hatten wir uns Whangarei ausgesucht, das mit einer frei zugänglichen und kostenlosen Glow Worm Höhle lockt. In Kombination mit ein paar Wasserfällen und Traumständen mit weißem Sand konnten wir da natürlich nicht widerstehen! Um uns nach der langen Fahrt an Auckland vorbei erstmal die Beine zu vertreten, haben wir an den Piroa Falls angehalten. Was auf der Karte wie ein kurzer Abstecher aussah, war am Ende durch die Gravel Road doch länger als gedacht und um das noch zu toppen fing es an zu schütten, aber schick war er trotzdem.
Anschließen ging es weiter zur Waipu Cave, der schon angedeuteten, frei zugänglichen Höhle mit Glow Worms. Die geführten Touren in Waitomo waren zwar nett, aber aus fotografischer Sicht nicht zu gebrauchen, da das Fotografieren entweder verboten oder schlicht und einfach zeitlich nicht möglich war. Die Mädels in der Bauchtrage und die Kamerasachen auf dem Rücken machten wir uns mit Badehose, Crocs und Stirnlampe bewaffnet auf den Weg in die Höhle. Diese Kleiderordnung erwies sich auch als gute Wahl, denn Glow Worms kommen nur in Höhlen vor, in denen es Wasser gibt. Wir konnten also einfach durch das maximal knietiefe Wasser des unterirdischen Flusses laufen, während die meisten anderen versucht haben, mit Turnschuhen über Steine zu balancieren. Kaum hatten sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt, sahen wir, dass der Reiseführer nicht zu viel versprochen hat. An der Decke konnte man das Leuchten tausender Glow Worms sehen, ein echt tolles Erlebnis! Unsere Mädels konnten das wieder nicht ganz so teilen, da sie wahrscheinlich Angst im Dunkeln hatten, und so machten wir uns wieder auf dem Weg zum Auto.
Da es sich nicht gerade um einen Geheimtipp handelt, waren aber natürlich auch einige andere Besucher unterwegs, die das Fotografieren mit ihren Stirnlampen wieder unmöglich machten. Daher fassten wir kurzerhand den Entschluss, auf dem Parkplatz an der Höhle zu übernachten, so dass ich am Abend nochmal in die Höhle gehen kann. Gesagt getan, nach dem Abendessen und nachdem die Kinder im Bett waren, habe ich mir wieder meine Sachen geschnappt und bin zurück in die Höhle. Wie erhofft waren die meisten Touristen verschwunden und es war nur noch ein anderer Fotograf anwesend. Schnell merkte ich, warum ich bisher so wenig gute Fotos der Glow Worms gesehen habe: Die Würmchen sind wirklich verdammt schwer zu fotografieren, da es in der Höhle (natürlich!) stockfinster ist und die Glühwürmchen eben nur leicht leuchten. Zudem ist es gar nicht so einfach, in der Finsternis den richtigen Bildausschnitt zu finden, und das alles, während man im Dunkeln im Wasser steht. Der Aufschrei des Fotokollegen, dass ihm gerade ein Aal über den Fuss geschwommen wäre, trug natürlich auch nicht unbedingt zum Wohlbefinden bei. Insgesamt verbrachte ich zwei mal drei Stunden in der Höhle, da ich am Morgen vor Sonnenaufgang :-) auch nochmal hinein bin und habe einige wie ich finde ganz nette Fotos mitgebracht. Für die Interessierten: Trotz Blende 1,4 und ISO 6400 musste ich 16 Minuten belichten, um ein annehmbares Ergebnis zu bekommen. Das heißt auch, dass ich mehrfach 16 Minuten still im Stockfinsteren neben meiner Kamera stand und gewartet habe, bis das Bild fertig ist, nur begleitet vom Plätschern in der Höhle und dem Leuchten tausender Glow Worms. Wie ihr euch vorstellen könnt, ein sehr intensives Erlebnis!
Am nächsten Tag standen die Whangarei Falls sowie die sich anschließende Wanderung entlang des Hatea Rivers an, auf der man einen ersten kleinen Vorgeschmack auf eine weitere Sehenswürdigkeit des Northlands bekommen kann: Kauri-Bäume, die mit Wuchshöhen bis 50 Meter und Stammdurchmessern bis über vier Meter wirklich beeindruckend anzusehen sind. Die Exemplare hier waren nicht ganz so groß, aber es war eine schöne Wanderung, die wieder die tolle Vielfalt der Neuseeländischen Wälder gezeigt hat.
Das für den Nachmittag angekündigte schöne Wetter wollten wir entspannt an der Whale Bay ausklingen lassen, einem tollen Strand in der Nähe von Manapouri. Dummerweise kannte wohl das Neuseeländische Wetter die Vorhersage unserer App nicht und es war bewölkt und regnerisch. Notgedrungen mussten wir die Zeit daher mit Fish and Chips überbrücken, bis wir dann doch nochmal zur Bay gelaufen sind. Ohne blauen Himmel und Sonne wirkte sie natürlich nicht mal halb so gut, aber mit weißem Strand und hängemattentauglichen Bäumen kam sie unserem Ideal schon sehr nah. Wenigstens kam zum Sonnenuntergang nochmal ganz kurz die Sonne heraus, so dass ich wenigstens noch ein paar Fotos machen konnte, bevor wir im strömenden Regen zurück zum Auto gelaufen sind.
Die Bay of Islands ist eine sehr beliebte Urlaubsregion, die, wie ihr Name schon sagt, aus zahlreichen Inseln mit vielen schönen Stränden besteht. Da man so etwas vom Land nur schwer erkunden kann, haben wir uns spontan für eine Tagessegeltour entschieden. So war es einfach deutlich persönlicher als mit der Standardfähre und wir haben auch bei einer herrlichen Bucht angelegt. Und sind wir doch mal ehrlich, vom Segelboot aus in klare Wasser springen und an einen Strand mit weißem Sand zu schwimmen ist schon verdammt geil!!! Unser Skipper Dave, der mit seinen Eltern und Geschwistern 17 Jahre lang (!!!) von Kalifornien nach Neuseeland gesegelt ist, hat mit seinen Geschichten ebenfalls dazu beigetragen, den Tag zu einem tollen Erlebnis zu machen. So toll, dass es unser persönlicher Ferrari-Moment der Reise war.
Zur Erklärung: Während unseres Studiums in Trento haben wir die Sektkellerei Ferrari entdeckt, die ihren besten Sekt nach ihrem Gründer Giulio Ferrari benannt hat. Mit 80 Euro kein Schnäppchen, aber er wird nur alle paar Jahre überhaupt gekeltert und es ist unser Sekt für die ganz besonderen Momente. Während des Auslandsjahres haben wir uns eine Flasche davon gekauft und beschlossen, sie erst aufzumachen, wenn wir unseren italienischen Abschluss geschafft haben, und so stand die Flasche vier Jahre im Regal, immer als Ansporn. Mit Flasche Nummer zwei haben wir in unseren Flitterwochen am Strand von Mauritius auf unsere Hochzeit angestoßen. Und Flasche Nummer drei hatten wir nun in Neuseeland dabei, als Kombination zur Geburt von Isabella und Lilly und zum Kauf unserer Wohnung (aus den zwei bekannten Gründen mit etwas zeitlichem Versatz). Die ganze Zeit haben wir auf den richtigen Moment gehofft und dachten schon, wir müssen die Flasche wieder mit zurücknehmen, aber tatsächlich in der letzten Woche war es dann so weit. Während Isabella und Lilly glücklich am Strand gespielt und Sand gegessen haben, haben wir unsere Flasche Spumante unter den neidischen Blicken der Mitsegler genossen. Um den Tag entsprechend ausklingen zu lassen, waren wir abends noch lecker Fisch essen, mit Blick über die Bucht von Pahia.
Inzwischen hatten wir den Entschluss gefasst, nicht bis zum Cape Reinga zu fahren und lieber nochmal einen Abstecher zurück nach Whangarei zu machen, um dort auch nochmal bei gutem Wetter einen Strandtag einzulegen. Vorher wollten wir aber noch die richtig großen Kauri-Bäume sehen, allen voran Tane Mahuta, mit einem geschätzten Alter von 2.000 Jahren und einem Stammdurchmesser von 4,40 Metern ein wirklich beeindruckender Baum. Kaum vorstellbar, wie lange dieses Lebewesen schon existiert, da kommt man sich als Mensch doch echt klein vor… Übernachtet haben wir dann im Trounson Nationalpark, wo man neben einem sehr schönen Kauri-Wald auch die Chance hat, bei einer Nachtwanderung auf Kiwis zu treffen. Funktioniert hat es leider bei uns nicht, wir sind aber auch nur kurz mal einzeln in den Wald gegangen, bis es uns beim schwachen roten Licht der mit einer Hundetüte abgedeckten Stirnlampe dann zu gruselig wurde :-D
Auf unserem Weg zurück nach Auckland machten wir also nochmal Halt in Whangarei, um ein paar Strände des Whangarei Head zu genießen. Am Oceans Beach verbrachten wir den Nachmittag und wollten eigentlich auch auf dem dortigen Parkplatz übernachten, allerdings waren die sechs zum Übernachten freigegebenen Plätze bereits belegt. Also machten wir wieder mal von unserem Certificated Self Contained Vehicle gebrauch, mit dem man nach Freedom Camping Gesetz auf allen öffentlichen Plätzen für maximal 1-3 Tage stehen darf, bei denen es nicht explizit verboten ist. Unweit des offiziellen Parkplatzes gab es noch einen Aussichtspunkt über den Strand, bei dem wir kein Verbotsschild finden konnten. Kurzerhand blieben wir dort über Nacht, ich konnte früh zu Fuß raus um meine Fotos zu machen und anschließend haben wir am wahrscheinlich schönsten Frühstückspunkt unserer Reise gefrühstückt. Im Nachhinein waren wir echt froh, dass die anderen Plätze schon belegt waren, denn unser Platz war um ein Vielfaches schöner! Anschließend machten wir noch die kurze Wanderung zur Smuggler’s Cove, wo wir dann tatsächlich nochmal die Hängematte aufspannen konnten.
Danach hieß es leider Abschied nehmen von den schönen Stränden, was durch die aufziehenden Wolken aber zumindest ein klein wenig erleichtert wurde. Aber da übermorgen bereits unser Flug von Auckland zurück nach Hause geht, mussten wir uns langsam auf den Weg machen. Ganz kurz stand die Frage im Raum, ob wir uns Auckland anschauen wollen, aber wir waren uns beide einig, dass wir unserer bisherigen Linie in diesem Urlaub treu bleiben und einen Bogen um jede Stadt machen. Stattdessen wollten wir lieber nochmal die Strände des Waitakere National Parks ansehen, mit ihrem schwarzen Sand und den heftigen Wellen ein krasser Gegensatz zu den weißen Traumstränden der Ostküste.
Da die Fahrt wie in Neuseeland üblich wieder länger dauerte als vom Navi angegeben, kamen wir etwas zu spät zum Sonnenuntergang in Muriwai an. NATÜRLICH gab es genau an diesem Tag einen der schönsten und kräftigsten Sonnenuntergänge, die wir in diesen zwei Monaten gesehen haben, und das natürlich wieder mal durch die Windschutzscheibe. Auch wenn es nur noch ein schwacher Abklatsch des Feuerwerks war, dass sich vorher abgespielt hab, bin ich trotzdem nochmal kurz an den Strand um wenigstens ein paar rosa Wolken festzuhalten. Neben der rauen Küste ist Muriwai vor allem für die Tölpelkolonie bekannt, die sich auf den Felsen niedergelassen hat. Die Besichtigung am nächsten Tag hat bei uns zu einem kleinen Déjà-vu geführt: Wie schon die Pinguine auf der Isla Magdalena in Patagonien waren auch die meisten Tölpel bereits in den Winterferien und wir konnten nur noch ein paar Überbleibsel bestaunen. Nichts im Vergleich zu den tausenden, die wir vorher auf Fotos gesehen haben, aber immerhin.
Nachdem wir unsere Taschen gepackt hatten, fuhren wir für unseren letzten Nachmittag noch zum Piha Beach, der zu den beliebtesten Surferstränden Neuseelands gehört. Mit einem entspannten Nachmittag am Strand, einem hoffentlich vergleichbaren Sonnenuntergang wie am Vortag und einer ordentlichen Portion Fish and Chips zum Abschied wollten wir hier unseren letzten Tag ausklingen lassen. Bereits am Campingplatz trübte sich Katjas Laune etwas, da dieser Platz ausgerechnet keine Möglichkeit zur Leerung des Abwassertanks bot und wir damit noch einen weiteren Punkt auf die To Do Liste für den nächsten Morgen setzen mussten (neben Tanken und Gasflasche auffüllen, da es leider auf dem Weg auch keine Tankstelle gab). Als wir dann mit zwei Flaschen Cider am echt beeindruckenden Strand saßen und die Mädels im Sand gespielt haben, dachte ich schon, dass ich Katjas Laune langsam besser kriege, als wir plötzlich Schreie von weiter vorne hörten und die Leute vom Wasser wegrannten. Obwohl wir bestimmt eine halbe Stunde am Strand saßen und locker 30 Meter Abstand zur Wasserlinie hatten, kam auf einmal eine Welle auf uns zu. Nicht dass ihr denkt, dass jetzt ein Tsunami kommt oder sowas, nein so schlimm war es natürlich nicht, aber plötzlich standen wir über knietief im Wasser. Das nun Folgende werde ich mir wohl noch lange anhören müssen: Als wir realisiert hatten, dass die Welle auch bis zu uns kam, habe ich instinktiv reagiert und sofort das Wichtigste gerettet: MEINEN KAMERARUCKSACK! :-D Katja ist als fürsorgliche Mutter natürlich zu Isabella und Lilly gesprintet, da die beiden aber etwas weiter weg waren konnte sie zwar Schlimmeres verhindern, aber nass und sandig waren die beiden danach trotzdem. Ich weiß, ich bin ein Rabenvater… Damit war der Strandausflug also beendet und wir sind zurück zum Campingplatz, wo Katja die beiden erstmal wieder trockengelegt hat. Da mein Ruf nun eh schon versaut war und das wohl auch immer bleiben wird, bin ich in der Zeit nochmal zum Strand zurück, um den Sonnenuntergang zu fotografieren. Zur Strafe war er zwar schön, aber leider neben meinem Motiv… Die große Portion Fish and Chips sorgte dann aber dafür, dass die Stimmung bei allen Beteiligten wieder besser wurde.
Dr. Gerhard Aust
Hobby Photographer
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