Wanaka – den meisten wird dieses Städtchen absolut nichts sagen, es sei denn man ist in den Fotocommunities dieser Welt aktiv. Denn dann ist der Name definitiv bekannt! Und warum? Schuld ist… ein Baum! THAT WANAKA TREE! Im Gegensatz zum nicht weniger fotografierten Quiraing Tree, der sich vor der Berglandschaft der Isle of Skye in Schottland abhebt, steht dieser Baum in einem See, wie der Name schon sagt im Lake Wanaka. Ich habe keine Ahnung warum er dort steht, aber ich muss sagen, das tut er wirklich sehr malerisch. Selbstredend wollte ich diesem Baum natürlich auch einen Besuch abstatten, umso besser, dass es in der Umgebung von Wanaka einige schöne Wanderungen gibt, so dass auch Katja hier Station machen wollte.
Wetterbedingt waren wir insgesamt vier Nächte dort, da wir die extremen Regenfälle am Montag und Dienstag aussitzen wollten. Der komplette Westen der Südinsel wurde davon heimgesucht, besonders schlimm hat es die Küste getroffen. In Milford Sound wurden in diesen zwei Tagen bis zu 700mm Regen angekündigt, zwischen dem Franz Josef und dem Fox Glacier hat es eine Brücke weggespült, so dass die Strecke auf Wochen oder Monate nicht befahrbar ist. Wir haben die zwei Regentage genutzt, um erstmal ein paar Wasserfälle an der Straße Richtung Haast Pass zu besichtigen, das geht bei Regen ja immer besonders gut. Es war eine gute Entscheidung, dass gleich am Montag zu machen, denn hier hatten wir noch stellenweise schönes Wetter und die Fahrt entlang des Lake Wanaka und des Lake Hawea bot einige tolle Aussichten. Am nächsten Tag wurde die Straße dann aufgrund der Regenfälle ebenfalls gesperrt.
Um dem Dauerregen am Dienstag wenigstens etwas Sinnvolles abzugewinnen, sind wir zu einer naheliegenden Destille gefahren und haben dort eine Führung mitgemacht. Es handelt sich um die erste und einzige Whisky-Destille in Neuseeland, die sich erst seit diesem Jahr so nennen darf, denn Whisky darf erst ab einer Lagerung von mindestens drei Jahren im Fass überhaupt so bezeichnet werden. So richtig in den Verkauf geht der Whisky dann erst nach zehnjähriger Lagerung. Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, wird auch ein sehr leckerer Gin und Vodka hergestellt. Die Preise sind – neuseelandtypisch – recht ordentlich, aber dafür ist es ja schließlich Urlaub! Da für den nächsten Tag wieder besseres Wetter angekündigt war, wollten wir den Nachmittag nutzen und die 60km in den Mount Aspiring National Park fahren, damit wir am nächsten Tag gleich weiter zum Rob Roy Glacier laufen können. Am Beginn der Gravel Road erwartete uns jedoch ein Schild, das uns noch aus Australien gut bekannt ist: „Flooding, Road Closed“. Leider blieb das auch bis auf Weiteres so, so dass wir diese Wanderung nicht machen konnten.
Wanderung auf den Roys Peak
Nach den zwei Tagen mit heftigem Regen hatten wir es überstanden und das Wetter sollte im Laufe des Tages wieder besser werden. Zeit für uns also, unseren anderen Wanderplan, des Roy’s Peak umzusetzen. Der Roy’s Peak ist mit 1.578m das Wanderziel schlechthin in Wanaka, was zum einen an dem herrlichen Ausblick liegt, zum anderen aber auch daran, dass ein Selfie auf dem Kamm vor dem Gipfel quasi zum Standard jedes Werbeprospektes gehört und daher auch von entsprechend vielen Neuseelandurlaubern gemacht wird. Ich habe schon Berichte gehört, dass zum Sonnenaufgang mehr als 100 Leute auf dem Gipfel bzw. an diesem Aussichtspunkt waren! Ok, jetzt muss man dazu sagen, dass es sich hierbei um einen etwa dreistündigen Aufstieg mit 1.000 Höhenmetern bis zum besagten Aussichtspunkt und weiteren 200 Höhenmetern zum Gipfel handelt, die mehr oder weniger steil in Serpentinen bezwungen werden müssen.
Da der Ausblick aber wirklich klasse sein soll, wollten wir uns nicht abschrecken lassen und haben uns am Nachmittag auf den Weg gemacht. Wenn aus wettertechnischen Gründen schon nicht zum Sonnenauf-, dann wenigstens zum Sonnenuntergang wollten wir oben sein, damit ich auch noch das ein oder andere Foto machen kann. Schwer beladen mit zwei Kraxen, wo neben Essen und Wickelausrüstung für die Mädels natürlich auch Wasser und meine Fotoausrüstung nicht fehlen durfte, waren wir echt die Schau. Paare mit einer Kraxe sieht man ja ab und zu, aber dass auch die Frau eine Kraxe tragen muss ist schon etwas Besonderes und sorgte für ausreichend Bewunderung und nette Kommentare, um die Motivation bei allen Beteiligten hochzuhalten. Nach etwa 2,5 Stunden hatten wir den Aussichtspunkt erreicht und haben stillschweigend beschlossen, dass 1.000 Höhenmeter für heute genug sind und wir auf den Gipfel verzichten – stolz auf uns waren wir schließlich so auch schon J Nach den obligatorischen Selfies ging die Sonne dann doch schneller unter als gedacht und so hatte ich doch etwas Stress, noch ein paar Aufnahmen im letzten Abendlicht zu machen. Da Isabella und Lilly ihre Begeisterung über die Abendbeschäftigung bereits lautstark zum Ausdruck brachten, machten wir uns danach schnell auf den Rückweg. Auch wenn der Weg breit und gut begehbar ist, ist es doch immer ein kleines Abenteuer, so einen Abstieg mit Stirnlampe zu machen. Mehrfach hielten wir unterwegs an, um den Sternenhimmel über uns zu genießen (und Katjas Knien eine kurze Pause zu gönnen). Während Lilly den kompletten Abstieg verschlafen hat, war Bella noch eine ganze Zeit wach und hat jedes Mal gegrinst, wenn man mit der Stirnlampe Faxen gemacht hat. Es werden halt doch kleine Outdoor-Babies!
Rundflug zum Mount Cook
Nach unserer Leistung vom Vortag hatten wir erstmal genug vom Wandern und verzichteten darauf, noch auf den Rocky Mountain zu laufen. Stattdessen wollten wir lieber weiter zum Mount Cook fahren, da die Wetteraussichten für die nächsten Tage wieder recht gut sein sollten und das beim höchsten Berg Neuseelands wahrlich nicht selbstverständlich ist. Fest eingeplant hatten wir dort auch einen Rundflug, so dass wir nach dem Frühstück schon mal bei den diversen Anbietern recherchiert haben, wann Flüge angeboten werden. Dabei fiel uns zufällig auf, dass es auch Rundflüge gibt, die in Wanaka starten. Während die Rundflüge direkt vom Mount Cook Village aus ca. 600 NZD pro Person für etwa 40 Minuten Flug kosten, gibt es ab Wanaka Flüge für 500 NZD, und das bei einer Flugzeit von einer Stunde und 40 Minuten! Quasi gratis obendrein gibt es bei der deutlich längeren Flugzeit also auch noch den Ausblick über den Lake Wanaka und die umliegenden Berge. Also bin ich schnell zur Touriinfo und habe von dort aus unseren Rundflug für den Nachmittag gebucht. Ein echter Vorteil, dass wir uns bewusst keinen festen Plan für unsere Reise überlegt haben und so spontan entscheiden können, was wir machen! Schon bei der Buchung haben uns alle versichert, dass das Wetter wirklich genial für so einen Flug ist, aber da könnte man ja noch meinen, dass es sich ein Verkaufsargument handelt. Dass unser Pilot während des Fluges auch selbst einige Fotos gemacht hat bestätigt das aber tatsächlich! Mit einer Cessna flogen wir also zusammen mit zwei weiteren Urlaubern aus Brasilien bei echtem Kaiserwetter eine Runde zum Mount Cook und hatten einen wirklich genialen Blick auf den Neuseelands höchsten und zweithöchsten Berg sowie auf die diversen Gletscher wie Franz Josef und Fox Glacier.Durch die Straßensperrung an der Westküste können wir dort ja nicht mehr hinfahren, aber wenn wir ehrlich sind, so toll wie aus der Luft hätten wir die Gletscher von unten ohnehin nicht gesehen. Auch wenn Lilly die erste Hälfte des Fluges eher weniger begeistert war, waren Katja und ich uns einig, dass es ein einmaliges Erlebnis war und wirklich jeden Cent wert!
That Wanaka Tree
Beenden möchten ich diesen Beitrag mit meinem ganz persönlichen Fazit zum Wanaka Tree. Ich war insgesamt vier Mal bei dem Bäumchen, je zwei Mal zum Sonnenunter- und zum Sonnenaufgang. In diesen Tagen haben sich die Wetterbedingungen drastisch verändert. Während die beiden Sonnenuntergänge eher farblos und düster daherkamen, zeigte sich der See am Morgen nach den Regenfällen komplett verändert. Der Pegelstand war deutlich angestiegen, so dass nicht nur große Teile des Ufers fehlten, wo ich am Vortag noch gestanden hatte, sondern auch der Stamm des Baumes bis zum unten Ast verschwunden war. Dazu kamen Wellen, wie man sie sonst nur vom Meer kennt. Am nächsten Morgen war der Pegelstand zwar immer noch hoch, aber dafür war der Himmel wolkenlos und ich konnte eine schöne Goldene Stunde mitnehmen. Alles in allem wären ein paar bunte Wolken natürlich schön gewesen, aber das Neuseeländische Wetter und ich sind wohl noch etwas in der Findungsphase. Wenn man bedenkt, dass andere den Baum nur ohne Blätter und komplett ohne Wasser gesehen haben, kann ich auf jeden Fall zufrieden sein.
Nun kommen wir aber zur negativen Seite: Der Baum ist hemmungslos überlaufen! Sowohl zum Sonnenauf- als auch zum Untergang ist man umgeben von mindestens 20 anderen, teils Fotografen, teils „normalen“ Touristen. Obwohl der Ort eigentlich eine schöne Ruhe ausstrahlt, fällt es bei dem Auflauf schwer, das zu genießen, zumal ein Großteil der Besucher aus dem asiatischen Raum kommt und einen entsprechenden Geräuschpegel mit sich bringt. Wenn man dort mit etwas besserer Ausrüstung steht und seine Fotos macht, bekommt man schnell Gesellschaft und es wird versucht, das eigene Smartphone möglichst nah an meine Kamera zu halten um das gleiche Bild zu machen. Wenn da einer mit Stativ steht, wird das schon gut sein, ist ja auch egal dass derjenige gerade 60 Sekunden belichtet und es eigentlich viel zu dunkel für das Smartphone ist. Meine Abwehrstrategie war, Schuhe und Socken auszuziehen und mich mit kurzer Hose ein paar Meter in den See hineinzustellen. Einerseits war dadurch die Perspektive besser und ich lief nicht Gefahr, dass mir jemand ins Bild springt, anderseits brachte der Abstand auch etwas Ruhe mit sich… J Nicht unerwähnt bleiben darf außerdem ein asiatische Fotokollege, der ein größeres und stabileres Stativ dabeihatte als ich und was schraubt er drauf? Sein Smartphone… Sowas habe ich echt noch nicht gesehen!
Dr. Gerhard Aust
Hobby Photographer
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